Wehrplicht?! AGJ: Engagement stärken statt Zwang einführen
Freiwilliger Wehrdienst, flexibler Wehrdienst, Wehrpflicht, mehr Reservist*innen, verpflichtendes Gesellschaftsjahr, professionelle Freiwilligenarmee, Werbeverbot für die Bundeswehr – all diese Vorhaben kursieren in den aktuellen Wahlprogrammen der demokratischen Parteien und wurden auch davor schon breit diskutiert. Es zeigt sich, dass Debatten zu einem Pflichtdienst, sei es im sozialen Bereich oder in der Bundeswehr, wieder Konjunktur haben – ungeachtet von möglichen rechtlichen Hürden einer Pflicht. Argumentativ wird ein breites Spektrum an Gründen für Reformen in diesem Kontext aufgemacht: verschärfte Krisen und Konflikte auf der Welt und eine sogenannte Wehrhaftigkeit bzw. Kriegstüchtigkeit Deutschlands, die Sicherung der Demokratie auch in Europa sowie fehlende Ehrenamtliche und Fachkräfte im sozialen Bereich sowie die Notwendigkeit, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ hält dem entgegen, dass nicht allein junge Menschen dafür da sind, gesamtgesellschaftliche Missstände und Krisen zu lösen und folglich auch nicht hierfür instrumentalisiert werden sollten.
Es ist ein wiederkehrendes Phänomen, dass über junge Menschen verfügt, ihr Leben über ihre Köpfe hinweg diskutiert und letztlich „verplant“ wird. Dies wird begleitet von starren Jugendbildern und Vorurteilen gegenüber einer vermeintlich nicht-engagierten und politikverdrossenen Jugend, die man zum gemeinwohlorientierten Engagement heranziehen muss, damit sie durch den verpflichtenden Dienst an der Gemeinschaft „etwas zurückgeben“ (was auch immer sie zuvor erhalten haben). Eine empirische Basis hat diese Argumentation nicht, denn das Engagement junger Menschen ist überdurchschnittlich. Klar ist also, dass junge Menschen sich bereits stark in dieser Gesellschaft engagieren und einbringen – und dies ganz ohne Pflicht. Einer Pflichtdienstdebatte kann schon anhand dieser Befunde eine klare Absage erteilt werden. Der Staat kann seinen Bürger*innen kein Engagement verordnen. Ermöglichung von sowie Anerkennung und Wertschätzung für ehrenamtliches Engagement und nicht Zwang und Dienstpflicht führen zu mehr Solidarität – und zwar unter allen Menschen, egal welchen Alters.