Schnittstellen zum Feld soziales Lernen
Medienarbeit bietet vor allem dann vielfältige Schnittstellen zu anderen Themenfeldern im Schulalltag oder in der offenen Jugendarbeit, wenn sie nicht isoliert betrachtet wird. Im Folgenden werden einige dieser Schnittstellen aufgezeigt, jeweils verknüpft mit möglichen thematischen Ansatzpunkten.
Gewaltprävention
Der Umgang mit Gewalt ist ein Thema, das Heranwachsende in den verschiedenen Altersstufen begleitet. Sei es aktive Gewalt, die in Schule oder Lebenswelt ausgeübt wird, oder mediale Gewalt, die in Filmen, Büchern oder Spielen konsumiert wird. Mögliche Felder der Medienarbeit könnten sein, den Abgleich von medialer Gewalt mit der Realität anzuregen wie auch die Auseinandersetzung mit alltäglicher Gewalt über ein praktisches Medienprojekt.
- Ansätze: Gewaltpräventionsprogramme an Schulen (z.B. „Faustlos“) / Materialpakete der Polizei (z.B. „Abseits?!“)
- Methode zum Einstieg: Fotostory Gewalt
Sexualisierte Gewalt
Die Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Mädchen und Jungen ist eine Aufgabe aller pädagogischen Institutionen. Sexuelle Übergriffe finden zunehmend auch über Medien (vor allem über das Internet) statt bzw. werden darüber angebahnt. Über das Thema Medien kann die Entwicklung pro-aktiver und selbstbestimmter Strategien bei Kindern und Jugendlichen gefördert werden.
- Ansätze: Präventionsprogramme (z.B. „Ich sag Nein!“) / Material von klicksafe („Let´s talk about Porno“)
- Methode zum Einstieg: Gute Geheimnisse – schlechte Geheimnisse
- Hinweis: Die AJS NRW bietet eine Weiterbildung zum Thema an: Kinder- und Jugendarbeit … aber sicher! Prävention von sexuellen Übergriffen in Vereinen und Verbänden.
Gewalt
Gewalt fängt nicht auf dem Handy oder im Internet an, sondern gehört heute einfach zu den jugendlichen Lebenswelten dazu – sei es in den Medien, in der Familie oder im Freundeskreis. Mobbing ist vor allem in Schulen kein neues Problem. Auch ohne den Einsatz von Medien reagieren Betroffene darauf zum Beispiel mit Depressionen, Angstgefühlen, sozialer Isolation, körperlichen Reaktionen oder schulischem Misserfolg. Durch die neuen Formen des Cyber-Mobbing entwickelt sich das zu einer immer gefährlicheren Mischung. Zudem ist Medien-Mobbing oftmals schwerer zu erkennen. Umso wichtiger ist es hinzusehen und zu handeln, denn Mobbingopfer brauchen Hilfe. Über Cyber-Mobbing zu reden, bedeutet, über Kommunikation zu reden. Wie wollen wir miteinander umgehen? Und welchen Unterschied macht es, wenn wir über Medien kommunizieren?
- Ansätze: Präventionsprogramme, z.B. „Surf Fair“ oder „Medienhelden“ oder klicksafe Zusatzmodul „Was tun bei Cyber-Mobbing?“.
- Methoden zum Einstieg: AJS-Handreichung „Cyber-Mobbing begegnen“
- Hinweis: Die AJS NRW bietet u.a. Fortbildungen zum NoBlame Approach (Interventions-Ansatz) und zum Thema Cyber-Mobbing an.
Suchtprävention
Die Onlinesucht steht kurz davor, als Verhaltenssucht anerkannt zu werden. Immer mehr Heranwachsende und vor allem junge Erwachsene neigen zu einer exzessiven Nutzung vor allem von Online-Spielen oder Kommunikationsplattformen im Netz. Das Feld der Suchtprävention wird derzeit um entsprechende Angebote ausgeweitet. Auch für den Bereich der Medien geht es hier im Kern um die Aus-einandersetzung mit Gefühlen und Bedürfnissen.
- Ansätze: Präventionsprogramme, die in NRW z.B. über die ginko Siftung koordiniert werden
- Methoden zum Einstieg: Let´s Play – Methoden zur Prävention von Medienabhängigkeit. Fachverband Medienabhängigkeit e.V.
Konsumerziehung
Medienerziehung bedeutet heute immer auch Konsumerziehung. Die Zielgruppe Kinder und Jugendliche bzw. deren Kaufkraft und meinungsbildende Rolle innerhalb der Familie rückt zunehmend in den Fokus der Werbeindustrie. Junge Menschen wachsen heute in einer Welt auf, die vor allem im Medienbereich von Marken, Produkten und schnelllebigen Trends durchzogen ist. Hier ist es wichtig, schon früh eine Position zu beziehen und sich beispielsweise zu fragen, ob Selbstwertgefühl und Rolle innerhalb einer Gruppe wirklich davon abhängen können, ob auf dem neuen Smartphone ein angebissener Apfel zu sehen ist.
- Ansätze: Verbraucherschutz
- Methoden zum Einstieg: Die wollen nur mein Geld
Soziale Kompetenzen
Medien sind Vermittler, um die Welt zu verstehen, mit anderen in Kontakt zu treten oder um sich selbst auszudrücken. Wer sich heute mit Heranwachsenden über Fragen des sozialen Miteinanders austauscht, kommt an der Medienwelt nicht vorbei. Im Gegenteil – die Anknüpfung an Medienhandeln bietet viel mehr eine „Eintrittskarte“, um sich dem Thema zu nähern. Letztlich lassen sich alle Methoden des sozialen Lernens auf das Feld der Medien als Bestandteil von Lebenswelt übertragen.
- Ansätze: Achtsamkeit und Anerkennung (BZgA)
- Methoden zum Einstieg: Respektvoll miteinander on- und offline
Gender / Inklusion / Partizipation / …
Schulen und Orte der außerschulischen Jugendarbeit stehen heute vor der Herausforderung, sich vielen Querschnittsthemen zu stellen. Diese sind immer auch aus der Sicht der Medien zu sehen. So bieten sich beispielsweise im Feld Gender viele Ansatzpunkte zu Rollenbildern und Geschlechterstereotypen in Filmen und Computerspielen. Im Bereich der Inklusion wird nicht nur über barrierefreie Webangebote diskutiert, sondern zunehmend auch über Ansätze der inklusiven Medienarbeit. Und auch für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen gibt es gelungene Beispiele aus der Medienarbeit. So gibt es einige Schulen, an denen eine Handyordnung in einem demokratischen Prozess zwischen Schüler/-innen, Lehrer/-innen und Eltern erarbeitet worden ist.
Soziales Lernen in der Medienkindheit
Soziales Lernen dient dem Erwerb sozialer und emotionaler Kompetenz, die nötig ist, um erfolgreich an Gesellschaft teilzuhaben.
Dazu zählen eine Reihe von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die uns helfen,
- mit anderen Menschen umzugehen,
- Konflikte konstruktiv zu lösen und in Gruppen zusammenzuarbeiten,
- Verantwortung für uns selbst und andere zu übernehmen,
- die Wünsche, Haltungen, Eigenschaften und Verhaltensweisen anderer zu respektieren sowie
- die Gesellschaft aktiv und selbstbestimmt mitzugestalten.
Soziales Lernen findet nicht nur in der Schule statt, die Grundlagen dafür werden in der Familie gelegt. Der größte Teil der Sozialkompetenz wird im Rahmen der Sozialisation funktional erworben, ein Teil wird aber auch durch Erziehung erlangt.
Die Sozialkompetenz lässt sich auf drei Ebenen fördern:
- der affektiv-emotionalen Ebene (dieser Bereich bezieht sich auf den Umgang mit Gefühlen, Einstellungen und Werthaltungen),
- der kognitiven Ebene (hier geht es um Wissen und intellektuelle Fähigkeiten, um z. B. Strategien zur Problemlösung zu bewerten),
- der Verhaltensebene (diese Ebene bezieht sich z. B. auf die Einordnung und Bewertung von alltäglichen Situationen).
Die Kinder und Jugendlichen stehen abhängig von ihrer Altersstufe vor jeweils unterschiedlichen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt – unterstützt durch die Familie, Kindergarten und Schule, außerschulische Institutionen wie Sportvereine oder Kirchen, die Peergroup aber auch die Medien.
Im Folgenden werden die wesentlichen Ziele des sozialen Lernens bei den vier Altersstufen des Medienpass NRW benannt. Bei jeder Stufe wird ein Seitenblick auf das jeweilige altersgerechte Mediennutzungsverhalten geworfen.
Herausforderungen des sozialen Lernens
- sich auf die soziale Umwelt einlassen
- die Gefühle und Wünsche anderer erkennen und sich einfühlen
- soziale Rollen erkennen und übernehmen, ggf. im Spiel
- Selbstregulation und Frustrationstoleranz erlernen
- Verständnis für moralische Vorstellungen
Altersgerechte Mediennutzung
TV & Film: Kindersendungen anschauen / Programminhalte und Werbung unterscheiden / Auseinandersetzung mit den Inhalten
Computer & Internet: einfache Computerspiele spielen / bilderreiche Kinderwebsites besuchen
Smartphone & Tablet: einfache Spiele auf den Geräten der Eltern/Geschwister spielen
Herausforderungen des sozialen Lernens
- Kooperation und Gruppenarbeit lernen
- Regeln und Grenzen erfahren
- konstruktive Strategien zur Problem- und Konfliktlösung verinnerlichen
- Bewusstsein für die Konsequenzen des eigenen Verhaltens sowie Kritikfähigkeit entwickeln
- Selbstregulation und Frustrationstoleranz weiter einüben
Altersgerechte Mediennutzung
TV & Film: fiktive und reale Inhalte sowie verschiedene Sendungsarten (Spielfilm, Nachrichten, Unterhaltungssendung usw.) unterscheiden lernen / soziale Verhaltensweisen abschauen, z.B. bei Daily-Soaps
Computer & Internet: Computerspiele spielen / auf geeigneten Kinderwebsites surfen / Kindersuchmaschinen nutzen / erstes Bewusstsein für Problem- und Gefahrenbereiche des Internets entwickeln / redaktionelle Inhalte und Werbung unterscheiden lernen
Smartphone & Tablet: evtl. eigenes Handy besitzen, kein Smartphone / auf Smartphone/Tablet der Eltern/Geschwister spielen, surfen und Fotos machen
Herausforderungen des sozialen Lernens
- sich in Gruppenprozesse einbringen und mitgestalten
- Kooperationsfähigkeit sowie pro-soziales Verhalten und Zivilcourage stärken
- Selbstwertgefühl aufbauen
Altersgerechte Mediennutzung
TV & Film: sich kritisch mit Inhalten, vermittelten Werten, Rollenbildern etc. auseinandersetzen / zunehmend auch „Erwachsenenprogramm“ anschauen und reflektieren
Computer & Internet: „Erwachsenensuchmaschinen“ (mit Filter) benutzen / erste Erfahrungen mit Sozialen Netzwerken sammeln / Videoportale nutzen / Computerspiele spielen / Bewusstsein für die Problem- und Gefahrenbereiche des Internets weiterentwickeln
Smartphone & Tablet: zunehmend auch mobilen Internetzugang nutzen / Fotos machen / Apps und Spiele ausprobieren
Herausforderungen des sozialen Lernens
- selbstständiger werden, sich von den Eltern zunehmend abnabeln
- Beziehungen zu den Peers ausbauen
- eine selbstbestimmte Identität entwickeln
- Vorstellung über die eigenen Vorlieben und Fähigkeiten ausbilden
- Werte und Normen erkennen und übernehmen, aber auch hinterfragen
- Grenzen austesten und überschreiten
Altersgerechte Mediennutzung
TV & Film: Stereotype, Werte, Geschlechterrollen im Fernsehen hinterfragen / Fernsehkonsum selbstständig steuern
Computer & Internet: „Erwachsenensuchmaschinen“ und Websites nutzen / Videoportale nutzen / Computerspiele spielen / Soziale Netzwerke zur Kommunikation und Selbstdarstellung einsetzen / verantwortungsvollen Umgang mit Sozialen Netzwerken verinnerlichen
Smartphone & Tablet: eigenes Smartphone besitzen / Apps und Spiele herunterladen und nutzen / im Internet surfen / chatten, kommunizieren / Fotos und Videos machen und teilen