Sexueller Kindesmissbrauch und Grenzverletzungen im Internet
In den vergangenen Jahren sind der onlinebasierte sexuelle Kindesmissbrauch und die Grenzverletzungen zunehmend in den Fokus gerückt. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm (UKU), hat erstmals in Deutschland eine repräsentative Untersuchung zu sexuellen Grenzüberschreitungen und sexualisierter Gewalt, die online im Kindes- und Jugendalter stattfand, durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass etwa ein Drittel der jungen Erwachsenen (18 bis 29 Jahre) in ihrer Kindheit davon betroffen waren – und damit mehr als dreimal so viele wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Katrin Chauviré-Geib, Erstautorin und Kriminologin der Ulmer Arbeitsgruppe, ist selbst von den Ergebnissen überrascht: „Ich bin mit digitalen Medien aufgewachsen und mir war bewusst, dass gerade bei jüngeren Menschen eine gewisse Betroffenheit vorhanden sein wird. Aber dass etwa jede dritte Person junger Erwachsener mindestens eine Form von onlinebasiertem sexuellem Kindesmissbrauch oder Grenzverletzungen im Vergleich zu jeder zehnten Person im gesamtdeutschen Durchschnitt erlebt hat – das hat mich wirklich erstaunt und mir gleichzeitig erneut verdeutlicht, wie wichtig gezielte Untersuchungen mit spezifischen Stichproben sind“.
Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, gezielte Präventionsmaßnahmen zur Bewältigung von Online-Risiken gerade bei Kindern und Jugendlichen zu erarbeiten. Die Vereinten Nationen haben inzwischen die Beendigung von Gewalt gegen Kinder zu einem zentralen Ziel ihrer Agenda 2030 erklärt und in die Nachhaltigkeitsziele aufgenommen. Prof. Fegert begrüßt darüber hinaus, dass im Koalitionsvertrag eine Expertenkommission zum Thema Kinder- und Jugendschutz in einer digitalen Welt eingesetzt werden soll. Die vorliegende Studie unterstreicht die Notwendigkeit eines zeitgemäßen Kinderschutzes sowohl in analogen als auch in digitalen Räumen und zeigt, dass dieses Thema auch ressortübergreifend behandelt werden muss.
Quelle: Universitätsklinikum Ulm